Erlösmodell II - Der innovative Weg
Mit nur ein oder zwei Magazinen am Markt zu bestehen, ist schwierig. Doch es gibt z. B. in Stuttgart eine große Anzahl an Verlagen, mit Fachliteratur für teilweise ganz kleine Nischen. Z. B. hat sich die DFV Mediengruppe auf Hotellerie, Gastronomie und Bäckerein spezialisiert. Neben den Zeitschriften bietet dieser Verlag mit Tochterfirmen Dienstleistungen rund um Gastronomie und Hotellerie: Corporate Publishing, Adressbeschaffung, Full Service etc. Dieser Verlag ist also ein Dienstleister für seine Zielgruppe.
3. ANDERE, NEUE PRODUKTE
Warum sollte ein Verlag ausschließlich Zeitungen, Magazine oder Bücher verlegen? Printmedien übertragen Informationen von einem Einzelnen (Autor) oder mehreren (Redaktion) an eine beliebige Anzahl Empfänger. Genauso wie Radio, TV und natürlich das Internet. Meist wird Wissen weitergegeben oder der Leser wird unterhalten. Um solche Inhalte auch über andere Wege an die Zielgruppe zu bringen, kann ein Verlag andere, neue Produkte herstellen.
3.1 Reichweitenportale statt Markenportale
Viele Verlage sind insofern digitalisiert, als dass sie über eine Webseite verfügen, auf der sie über ihre Printprodukte berichten, diese anpreisen und ggf. über einen integrierten Shop verkaufen. Somit handelt es sich um “Web-Visitenkarten” mit angehängtem Kiosk. Diese Verlage sind leider häufig sehr unbekannt, weshalb ihnen dieser Webauftritt eher wenig bringt. Es fehlt ihnen an Reichweite. Unseren Erfahrungen nach ist das kein funktionierendes Erlösmodell. Daher gehen Verlage, die schon mehr in ihre digitale Strategie investiert haben, den Weg des Markenportals. Hier wird eine Marke, z. B. eine Zeitschrift, auch digital angeboten. In einem anderen Artikel haben wir bereits über Online-Publishing mit Drupal 8 und Thunder berichtet.
Markenportal nord24.de der Nordseezeitung
Ein Verlag, der mehrere Zeitschriften oder Magazine vertreibt, hat dann mehrere Webseiten mit mehreren Redaktionen, aber einer viel zu geringen Reichweite pro Markenportal.
Das Reichweitenportal hingegen bündelt alle Marken innerhalb einer Webseite mit verschiedenen Rubriken. Dadurch spart der Verlag Geld, Zeit und Redaktionskosten ein: Die Redaktionen können auch gebündelt an nur einer Plattform arbeiten.
Oft ist ein Reichweitenportal die Basis oder Skalierungsfaktor für alle weiteren Erlösmodelle. Ein Beispiel wäre hier www.eurotransport.de, unter welchem einige Marken Inhalte digital anbieten. Ein anderes Beispiel ist haustec.de, ein Reichweitenportal für Gebäude- und Fassadentechnik.Dieses Modell eignet sich dann, wenn Ihr Verlag mehrere Marken anbietet, siehe folgendes Schaubild:
Schaubild: Aufbau eines Reichweitenportals
3.2 Software
Sie sind ein Fachverlag für Logistik? Wie wäre es dann, wenn Sie hierfür Software schreiben würden, die Ihren Kunden bei ihrer Arbeit hilft? Ein Logistik-Programm, mit dem man bspw. die Lagerhaltungskosten optimieren kann. Dadurch etablieren Sie sich als Fachexperte in dem Bereich.
3.3 Hörbücher
Wir nehmen uns immer weniger Zeit, ein Buch zu lesen. Stattdessen lassen wir uns vorlesen: Beim Autofahren, Kochen, Putzen… Sie könnten ebenfalls Ihre Inhalte als Hörbuch, Hörzeitschrift, Podcast o. ä. herausgeben. Dadurch dringen Sie in ganz neue Erlebnisbereiche Ihres Kunden vor. Und wenn es auch schon Unternehmen gibt, die sich darauf spezialisiert haben (audible.de), ist der Markt noch lange nicht gesättigt, denn schließlich sind das nur Vertriebsplattformen.
3.4 Interaktive Schulungsmaterialien
Anders als Software, die installiert wird, können Sie auch webbasierte Schulungsmaterialien anbieten. Ein Beispiel wäre “Thieme Connect” des Stuttgarter Thieme Verlags. Der Dienst hält unter anderem interaktiven Content zur Humanmedizin bereit. Dadurch bieten sich ganz neue Formen des Lernens (Vortrag-Tablets-Muehe-Ludwig-Adam, S. 79f). Nutzen Sie den Spieltrieb Ihrer Kunden und bieten Sie Ihren Content interaktiv an.
Das Modell bietet sich vor allem für Fachverlage an, welche im weitesten Sinne Lehrmaterial produzieren.
3.5 Apps
Gerade als Fachverlag können Sie Apps anbieten, die man in Ihrer Branche nutzen kann. Beispielsweise könnte eine App eines Fachverlages für Gartenbau in der Architektur und der Bestellung von Material helfen. Dabei besteht auch die Möglichkeit, mit Partnern (Hersteller) zusammenzuarbeiten.
Als Publikumsverlag können Sie von der vorhandenen Reichweite Ihrer Marke profitieren: Themenverwandte Apps bieten mehr Platz für Anzeigenschaltung.
3.6 Corporate Publishing (vor allem für Fachverlage)
Ist Ihr Verlag an eine Druckerei angeschlossen? Dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie nicht für Ihre Branche Corporate Publishing übernehmen. Ein Unternehmen braucht schließlich einiges an Printerzeugnissen: Visitenkarten, Menükarten, Briefpapier, Schilder, ggf. auch ein Buch über die Geschichte des Unternehmens. Hier kann der Verlag als Designer und Druckerei für Unternehmen in seiner Branche fungieren.
4. DIENSTLEISTUNGEN
Neben haptischen Produkten können Verlage auch Dienstleistungen erbringen. Auch hier greift wieder das Fachwissen: Sie kennen die Branche, sind bekannt, wissen von den Bedürfnissen der Unternehmen etc. Einige Verlage haben sich dadurch schon zweite und dritte Standbeine geschaffen.
4.1 Content Publishing
Gehen wir davon aus, ein Unternehmen möchte etwas kommunizieren. Z. B. über die Webseite oder durch eine PR-Kampagne. Das Unternehmen möchte als Experte gelten und braucht nun ein Kommunikationskonzept. Hierbei kann der Verlag helfen: Als PR-Agenturen können Verlage Content produzieren, den sie dann an Unternehmen verkaufen.
Dasselbe gilt auch für die o. g. Werbemöglichkeiten. Grundsätzlich kann diese Aufgabe von allen Verlagen übernommen werden, sofern die Branche bekannt ist.
4.2 Beratung
Der Verlag kann seine Agenturarbeit auf Beratung ausweiten. Durch das Wissen über die Branche kennt der Verlag Trends und verfügt über relevante Informationen, die eine externe Agentur erst einholen müsste. Verlage, die diese Dienstleistungen anbieten, gründen meist Tochterunternehmen dafür.
Das findet man eher bei Fachverlagen, wie der dfv Mediengruppe.
4.3 Schulung (zu Verlagsprodukten) / Webinare
Sicher beschäftigen auch Sie sich mit erklärungsbedürftigen Themen. Oder Sie möchten einen Fachvortrag halten. Ein Webinar ist kostengünstig und hat das Potenzial, viele Interessierte zu erreichen. Einige Webinare sind kostenlos, zu anderen erhält man durch eine Gebühr Zugang. Der Vorteil für alle Beteiligten: Bequemlichkeit, da das Webinar zuhause auf der Couch angeschaut werden kann. Der Vorteil für Ihre Kunden: Keine lange und teure Anreise inkl. Übernachtung. Und Ihr Vorteil: Keine Organisation vor Ort notwendig. Außerdem können solche Webinare einmal produziert und dann beliebig oft wiederverwendet werden.
Interessant ist diese Dienstleistung auch für Ihre Werbekunden: Dadurch können sie mit Ihren Besuchern in direkten Kontakt treten. Ein weiteres Erlösmodell für Sie als Verlag.
4.4 Veranstaltung von Seminaren, Kongressen, Messen
Wenn Sie die Nähe zu Ihren Kunden suchen und Events veranstalten können und wollen, sollten Sie nach Möglichkeiten suchen, Branchenkunden zu Seminaren oder Kongressen einzuladen. Einzelne Fachverlage veranstalten schon Messen, auf denen sie (potentielle) Kunden sehr leicht ansprechen können. Alle drei Methoden lassen Sie als Branchenexperten auftreten und steigern direkt Ihre Reichweite.
4.5 Verzeichnisdienste für Unternehmen
Sie sind in einer Branche mit vielen Unternehmen tätig? Wenn diese Unternehmen namentlich weniger bekannt sind, können Sie und Ihre Zielgruppe von einer Win-Win-Situation profitieren: Erstellen Sie ein Verzeichnis für die Unternehmen Ihrer Branche, in welches diese sich kostenlos eintragen können. Sicherlich lässt sich damit auch Geld verdienen: Stellen Sie ein Premium-Paket zur Verfügung, sodass das Unternehmen häufiger angezeigt wird oder mehr Informationen von sich eintragen kann.
Publikumsverlage können ebenso Verzeichnisdienste anbieten, sollten dann aber auf eine gute Kategorisierung achten. Wichtig ist auch, dass das Verzeichnis ständig überwacht wird, da sich einige "SEO-Agenturen" darauf spezialisiert haben, solche Verzeichnisse als Backlinkquelle zu missbrauchen.
4.6 Job-Suchmaschine für die Branche
Ihr Fachverlag ist in der Branche bekannt? Dann bauen Sie eine Job-Suchmaschine für die Branche. Unternehmen können hier entgeltlich Jobs ausschreiben und Sie bei einer erfolgreichen Vermittlung eine Provision einstreichen. Sicherlich kann das sogar weiter gehen, dass Sie eine Tochterfirma gründen, die für diese Branche Mitarbeiter rekrutiert. Anderen Recruter-Unternehmen haben Sie wieder Ihr Branchen-Wissen voraus.
Publikumsverlage können diesen Dienst auch anbieten, nur weiter gefächert. Achten Sie auch hier auf eine gute Kategorisierung.
Dieser Artikel ist Teil des Überthemas: Zukunft der Verlage: Die besten Erlösmodelle für Ihre Digitalisierung. Zusätzlich zu den konservativen und innovativen Erlösmodellen behandelt der nächste Artikel Alternative Geschäftsmodelle für Online Verlage über Partnerschaften, Newsletter, Jobanzeigen, Verzeichnisdienste und vielen mehr..